Las Vegas

Der Sprung über'n Teich
Schon wieder vor 6 Uhr aufstehen. Wo bleibt das Urlaubsgefühl? Die Fahrt zum Flughafen durch den Chef war genauso interessant, wie der gestrige Empfang. Herzlich, ehrlich und einfach angenehm. Die empfohlenen 3 Stunden Pufferzeit habe ich großzügig eingeplant, was gut war.
Koffer holen: 10min, Einchecken: 35min, Sicherheitskontrolle: 60min - es zog sich in die Länge.

Der Flughafen ist wirklich nicht groß, aber die Menschenmassen sind schon heftig. Nachdem das Handgepäck durchleuchtet wurde, schickte man es aufgrund des Etalon (Sonnenfilter) natürlich auf's Abstellgleis. Dort standen bereits 2 Frauen vor mir. Ich war mir sicher, dass ich da schnell durch komme - was sich aber  jetzt ereignete, hätte ich am liebsten gefilmt:

 

Tetris mal anders
Die Dame ganz vorn war mit dem Großteil ihrer Kosmetikausstattung beschäftigt. Auf dem Tisch kullerten haufenweise Fläschchen, Tinkturen, Nagellack, Nagellackentferner, Parfüms, Deos, Salben und weiß der Geier was noch herum. Die Menge sprengte komplett den erlaubten Rahmen. Ok, kann passieren.
Sie war gerade damit beschäftigt Teile zu selektieren und in die spezielle Zip-Tüte zu verstauen. Der Großteil jedoch kann einfach nicht mit.
Kennt ihr dieses Computerspiel, wo verschiedene Formen senkrecht von oben fallen und verschoben werden müssen? Wenn unten die Reihe geschlossen ist, verschwindet alles und man gewinnt Platz und Punkte. Dieses Spiel musste die Dame einmal gesehen und auf die jetzige Situation übertragen haben.


Sie stopfte in einer für diese Situation unfassbaren Gleichgültigkeit die Tüte voll, nur um festzustellen, dass das Volumen viel zu klein war. Dann fingerte sie im Inhalt hin und her und fing doch wieder von vorn an. Als endlich eine zufriedenstellende Menge "gewonnen" war, bemerkte sie eine ganz wichtige Tinktur auf dem Tisch. Diese musste mit - dringend.
Dafür sollte eine andere Flasche am Boden der Tüte raus. Der Beutel wurde wieder ausgekippt. Jetzt wiederholte sie alles mit dem selben Zeitaufwand. Hinter mir rückten Leute nach, die Kisten stapelten sich. Nachfolgendes Gepäck wurde händisch umgeleitet. Nur mein Rucksack blieb brav in der Pipeline liegen, ich musste also warten. Die andere Frau direkt vor mir schaute extrem unruhig, sagte aber nichts. Ich schielte auf die Uhr und war eher faszieniert über die Gelassenheit des Sicherheitsperonals.


Insgesamt wiederholte sich alles drei oder vier Mal, weil immer wieder andere Flaschen in den Fokus rückten. Jedesmal scheiterte der Versuch die Tüte zu schließen. Ich sah inzwischen wieder auf die Uhr, als sie wieder alles auskippte. Dieses Mal um das Packsystem von vertikal stehenden Flaschen auf horizontal zu ändern. Das war dem Sicherheitspersonal zu umständlich. Sie nahmen ihr es aus der Hand und packten nun selbst - aber mit exakt der gleichen Arschruhe. Mir viel die Kinnlade runter.

Endlich, nach fast einer viertel Stunde wurde der ganze restliche Plunder in eine Mülltonne geworfen und lag außer Reichweite dieser pflegeaufwändigen Dame. Es gab kein zurück und ich war an der Reihe. Bei der bekannt latenten Hektik in Flughäfen, war das eine Oase von Seelenruhe, die selbst mich überraschte und ich nicht für möglich gehalten hätte.


Beim Boarding wurde unerwartet von zahlreichen Passagieren das Handgepäck nochmals kontrolliert. Mist! Das hatte ich befürchtet, denn es drohte ein Schild: "max. 6kg".  Also stopfte ich kurzerhand alles Schwere in die eigens für den Fall angezogene Jacke. Vor allem die Objektive und das Etalon des Sonnenteleskopes entlasteten den Rucksack deutlich, auch optisch. Dann schwenkte ich lässig die kleingewordene Fototasche unter dem  Rucksack hin und her und schlüpfte unbehelligt ins Flugzeug.

 

 

Der Flug mit einem Highlight
Ich war angenhem über die Bestuhlung überrascht. Es stand deutlich mehr Platz zur Verfügung, als in der Ryanair-Maschine. Ansonsten gibts nicht viel zum A330 zu sagen, außer, dass sich neben mich erst ein schlanker Amerikaner niederließ und dieser 5min später mit einem wirklich dicken Amerikaner tauschte. Das schränkte die Bewegungsfreiheit etwas ein.
Nach ca. 4 Stunden Film schauen, sah ich auf dem Monitor. Island lag rechts vor uns. Leider verdeckten Wolken die Sicht. Aber es kündigte sich ein Leckerbissen an: Grönland. Ich hoffte, winzige Blicke erhasschen zu können.

 

Exakt vor Grönland riss die Wolkendecke vollständig auf und es offenbarte sich ein grandioser Blick. Ich war total begeistert! Zum ersten mal sah mit eigenen Augen Gletscherströme wie gemalt. Die Abbruchkante zum offenem Meer war deutlich zu sehen und unzählige Eisberge trappierten malerisch die Küste. Herrliche Farben und Formen. Ich klebte an der Scheibe und da meinem Sitznachbar das alles Schnuppe war, konnte ich ohne Störung aus dem Fenster sehen.


Nach 5 min blendete das strahlend helle Weiß einer Einöde aus Eis. Es waren keinerlei Kontraste zu erkennen. Später an der Westküste überflogen wir einen Gletscher, der sich lehrbuchartig vom Eisfeld kilometerweit auf grauen Fels Richtung Meer schob. Sämtlich freiliegende Hügel dieser Landschaft waren glatt geschmirgelt. Als Grönland verschwand, zogen wieder dicke Wolken auf. Das war cool!

 

Es war im Jahr 1986, da sah ich im Kino zum ersten Mal den Film "Es war einmal in Amerika". Der Film hat mich sehr bewegt. Seitdem habe ich ihn bestimmt 10 mal gesehen, was eine absolute Ausnahme bei Filmen ist. Dieser Film ist komplex in seiner Handlung, da er mit Zeitsprüngen arbeitet. Nun hatte ich auf dem Flug mir nach Jahren die Long Extension Version mitgenommen und ich entschwebte im Geiste in das frühere Amerika. Viele mir unbekannte Szenen sind hinzugekommen und rundeteten die Geschichte weiter ab. Eine wundervoller Überbrückung des Fluges und ich konnte wieder einmal weitere Details im Film erkennen und verstehen.

 

Auf dem Rest des Fluges amüsierten mich, passend zum kommenden Thema Nevada, der olle Clint Eastwood und Terence Hill in zwei Western. Für mitgenommene Literatur reichte meine Energie nicht, da ich nicht schlafen konnte. Insgesamt dauerte der Flug 11.5 Stunden.

 

Gletscherzunge über dem Festland von Grönland


Las Vegas
Die Passkontrolle war, im Gegensatz zu meinen bisherigen USA-Aufenthalten, ein Klacks. Doch zuerst fiel mir auf, dass die Leute oft in den Reihen zurecht gewiesen wurden. Hier kein Handy benutzen, dort keine gelbe Linie übertreten, generell sich einzeln dem Schalter nähern (waren nicht eher die Deutschen pingelig?).

Ich versuchte aus der langen Schalterreihe einen Beamten mit ruhiger Ausstrahlung zu finden und wurde fündig. Bei diesem durften auch mal Pärchen zusammen antanzen und die Leute wurden zügig abgefertigt. Ganz im Gegenteil zu den drei benachbarten weiblichen Beamten, dessen Durchsatz spürbar geringer war. Ich positionierte mich geschickt an der Schlange zu dem Herrn und wurde auch ohne weitere Fragen durchgelassen. Mir war gerade nicht nach Fragestunde zu Mute.
Nach einer Stunde des Wartens trafen fröhlich meine Freunde Manuela und Holger ein. Mit den beiden werde ich in den nächsten Tagen die Reise fortsetzen.

 

 

Die Amerikaner neigen nicht nur zur Übertreibung in allen möglichen Dingen, nein sie zaubern auch aus jedem Langweiler eine bunte Show. Das wird nirgens so deutlich wie in Las Vegas.

 

Zur Einstimmung ist unser Hotel bestens geeignet. Es besteht aus einem Hochhauskomplex mit über 2400 Zimmern und einem hoteleigenem Aussichtsturm: Auf der Turmspitze von 350 m befindet sich eine Art vertikale Schaukel, welche die Leute in einem Sitz in die Höhe katapultiert. Sie nennen das den "Big Shot". Ich würde mir das gerne ansehen, wäre aber mit dem Klammerbeutel gepudert, mich dort reinzusetzen.

 

Das Hotel nennt sich treffender Weise "Stratosphere". Die echte Stratosphäre beginnt in einer Höhe von ca. 10 km. Das nur als Randbemerkung.

 

Fast der gesamte Erdgeschossbereich ist als Spielhölle ausgebaut. Einarmige Banditen sind ebenso vertreten, wie sonstige Spielautomaten und Roulettetische. Holger hatte eigentlich vor, sich irgendwann einmal an einen dieser Tische mit etwas Einsatz gepflegt nieder zu lassen. Aber die hektische und laute Stimmung lässt diesen Gedanken im Keim ersticken.

 

Am ersten Abend unternehmen wir einen gemeinsamen Abendspaziergang unweit unseres Hotels. Die Anreise hat uns ermüdet und wir schaffen es einfach nicht weiter.

 

Den Plan, die Aussicht von diesem Turm auf die Stadt zu geniesen, werden wir bis zur Abreise nicht umsetzen können.