Death Valley

Der Backofen
Der vergangene Tag war anstrengend. Holger sah am Frühstückstisch ein bisschen betröppelt aus, die Sonne hatte uns am Tage zugesetzt. Der Ausflug auf den Vegas Strip nach dem intensiven Sonnenschein forderte die letzten Tages-Reserven. Ich war froh, heute einen Großteil der Zeit im Auto sitzen zu können und nicht kilometerweit laufen zu müssen.

 

 

 

Gleich die ersten Minuten konnten wir einen Vergleich zwischen Tag und Nacht auf einen Teil der Skyline werfen. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich der Anblick zur Nacht unterscheidet.

 

Die Fahrt begint sehr entspannt und wieder bei bestem Sonnenschein. Gedanklich stimme ich mich heute auf extreme Temperaturen ein, denn es geht immerhin zu einem der heißesten Orte der Welt. Erst vor 3 Wochen wurde am Zielort die weltweit höchste je gemessene Temperatur erreicht, sagenhafte 56,7 °C. Damit wird der Rekord vor 90 Jahren in Asisija (Libyen) gerissen.

 

Diese Temperaturen sind bequem mit einer gemäßigten Sauna vergleichbar, aber: hier herrscht sie immer und man kann sich im Freien kaum davor schützen. In der Sonne sieht das noch mal anders aus. Meine Hoffnung beruht auf die extrem trockene Luft. Vielleicht relativiert diese etwas das Empfinden  etwas ;-)

 

Der erste Anlaufpunkt nach einer stundenlangen Fahrt ist der Dantes View. Dies ist ein Berg direkt am Death Valley. Die Aussicht ist genial, da die Salzwüste sich als Panorama erstreckt.
Als wir aussteigen, überfallen uns kleine, beißende Fliegen. Aber sie stürzen sich eher auf den weißen Lack des Autos und nerven nur kurz. Ich schultere die Kamera und mein kleines Fernglas, schließe die Autotür und finde diesen Aussichtspunkt sofort total schick.

 

Wir blicken hier von 1670m Höhe ins Death Valley. Hier oben ist die Temperatur absolut erträglich. Aber die Sonne brennt dennoch! Nach einigen Minuten beist sie sich förmlich durch mein T-Shirt. Man kann hunderte Meilen weit sehen und natürlich filtert die extrem sauber Luft wenig Sonnenenergie. Mein Gott, was muss das hier nachts für ein genialer Sternenhimmel sein. Schade, dass ich das nicht sehen kann. In einem riesigen Umkreis gibt es neben der trockenen und sauberen Luft keine Lichtquelle. So wundert es nicht, dass ein Schild von einem beeindruckenden Foto des Sternenhimmels berichtet.

 

 

 

Die Spannung steigt.

So schön es hier oben ist, jetzt folgt der Abstieg zum tiefsten begehbaren Punkt auf diesem Kontinent. Und so kullern wir mit dem Dodge langsam hinunter.  Auf dem Weg nach unten kletterte die Temperaturanzeige stetig nach oben. Statt in Grad Celsius, wird ami-typisch der Wert in eine für uns vollkommen verkorkste Maßeinheit angegeben - Fahrenheit.

 

Ab 100° F beobachtete ich das Thermometer sehr genau  und finde diese große Zahl spannend. Bei 105° F beschloss ich langsam mal umzurechnen.... 

 

Die Salzwüste präsentierte sich inzwischen weit, hell und staubig, wie es sich eben für eine ordentliche Wüste gehört. Abseits fahrende Autos konnte man auf weite Distanz durch Staubwolken sehen.

 

111 °F  (rd. 44 °C)
Der Aufwärtstrend war ungebrochen. Das Thermometer blieb am Zielort bei 110 °F stehen.  "Das sind ja gerade mal 44°C" denke ich, denn ich hatte nach den Weltrekord vor kurzen eigentlich mehr erwartet.  Ich öffne die Tür und eine warme Luft umhüllt mich kuschlig. 

 

"Ist doch gar nicht so schlimm" war mein erster Gedanke.

Nach 5 min dachte ich "wau, das ist doch selbst als Saunagänger etwas ungewohnt".

 

Nach weiteren 5 min fange ich an zu schwitzen.  Nach weiteren 5 min fängt Holger an zu schwitzen (und der schwitzt nie - oder selten).

Nach insgesamt 20 min wünsche ich mir einen Schatten. Es gibt aber keinen.

 

Fotos können eh nicht diese Affenhitze dokumentieren, aber ein paar Bilder schaden ja nix. Ich zückte das Handy und bekomme einen Schreck wegen der heißen Oberfläche des Telefons. Mist, der Prozessor hat sich wohl aufgehängt und heizt? - Nein, das Handy hat einfach die Umgebungstemperatur angenommen! Meine Sorge gilt sogleich den Akku. Um diesen zu schützen, stecke ich das Phone in die Hosentasche.

 

Das Objektiv meiner Kamera ist ebenso erschreckend heiß, so dass man es kaum anfassen kann. Zusätzlich zur warmen Luft heizt ja noch die Sonnenstrahlung das schwarze Metall auf. Irgendwann greift Holger kurz mit der Hand auf den Salzboden, was ich ebenfalls probiere.

--- heiß - heiß - heiß ---

 

Erstaunlicher Weise befindet sich an diesem Ort tatsächlich Wasser, welches wenige cm unterhalb des Salzbodens aus Löchern hervor tritt. Eine größere Wasserstelle trägt den Namen "Badwater Basin". Überhaupt die Namen. Überall findet man hier öfters die Bezeichnungen Devil.  Devils Hole, Devils Golf Course, Devils Cornfield usw. . Kein Wunder, so könnte die Hölle aussehen.


Rein landschaftlich ist diese Wüste hoch interessant. Am Horizont zieht sich über die gesamte Sichtbreite eine Bergkette. Im Rücken geht es steil auf zum Dantes View. Aber eigentlich interessiert mich nach einem letzten Foto nur noch die Klimaanlange des Autos.


Es ist unfassbar, wie sich Menschen hier dauerhaft niederlassen können, denn weiter westlich gibt es Siedlungen. Später sehe ich an der Temperatur-Anzeige, das stellenweise dort an diesem Tag bis 115 °F herrschen.


Aus meinen letzten USA-Besuchen weiß ich, dass amerikanische Autos zwar hoch komfortabel ausgestattet sein können, aber ein deutsches Auto bleibt ein deutsches Auto. Das wird mir heute bewusst, als der Motor dieses Dodge (ein SUV) bei kaum wahrnehmbaren Anhöhen aufheult, als wolle er die Ralley Dakar meistern. Ich hoffe sehr, die Karre hält hier durch. Zumindest schafft er die Klimanlage am Leben zu halten.

 

Auf dem Rückweg biegen wir spontan mitten in der Wüste auf einen kleinen Rundweg ein, dem Artist Drive. Die Wahl der Bezeichnung wird uns klar, als wir die komplexen Farben im Fels erkennen.

 

Von Rostbraun über Gelb bis zum Grün und Orange ist alles vorhanden. Ursache sind verschiedene Metalle wie Eisen und Kupfer, die bei vulkanischen Aktivitäten mit der Lava an die Oberfläche gedrückt wurden.


Wir verzichten einheitlich auf weitere Stopps mit Ausstiegen. Wie muss das hier bei nochmals 10 K höheren Temperaturwerten sein?


Ankunft Mammothe Lakes

Wir fahren aus dem Death Valley und die Maschine quittiert das auf ihre Weise. So fahren wir wieder viele Stunden, welch Überraschung. Nach der öden und heißen Landschaft des Death Valleys steht das Reiseziel Mammoth Lakes im völligem Kontrast. Grün, hohe Bäume, gemäßigtes Klima, fast schon kühl. So abgekühlt kommen wir abends an. Meine Schlafnische ruft bei mir spontan keine hohe Begeisterung auf, aber es gibt schlimmeres. An diesem Abend sitze ich noch gute 2 Stunden am Blog und schreibe wie ein Verrückter den Text von 3 Tagen runter. In Las Vegas hatte ich kein ordentliches Internet zur Verfügung, so grotesk das klingen mag. Überhaupt wird sich auch die gekaufte US-Prepaid-Karte nicht als große Hilfe für mein Reiseblogvorhaben erweisen, denn fast immer liegt auf dem Land kein Netz an.

 

Heute Abend ist das mit einem fixen WLAN anders. Die Bilder und das ganze Geschreibsel flutschen durch den Äther wie Schmitz Katze durch den Garten.

Sogenannte Witwenmacher

Nachtrag:

Eine Woche später fuhr ein Astrofreund unabhängig von uns ins Death Valley. Er hat 53 °C gemessen. Wir hatten es also noch angenehm kühl